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AutorenbildDr. Ruth Polleit Riechert

»Bei Zoom-Konferenzen macht es sich gut, wenn ein interessantes Werk im Hintergrund zu sehen ist«

consulting.de // Interview mit Kunstmarktexpertin Dr. Ruth Polleit Riechert

Was sollten Consultants beachten, die in Kunst investieren oder ihre Büroräume damit schmücken möchten? Die Kunstmarktexpertin Dr. Ruth Polleit Riechert im Interview über die von ihr entwickelten sieben Schritte beim Kunstkauf und die Demokratisierung des Marktes durch die Coronapandemie.


Dr. Ruth Polleit Riechert, Kunsthistorikerin und Kunstmarktexpertin (Bild: Anne Simon)
Dr. Ruth Polleit Riechert, Kunsthistorikerin und Kunstmarktexpertin (Bild: Anne Simon)


Als Kunstberaterin arbeiten Sie an der Schnittstelle von Kunst und Finanzen. Wie können wir uns Ihre Tätigkeit genau vorstellen?


Ruth Polleit Riechert: Ich berate Privatkunden, Firmen, Start-ups und öffentliche Institutionen in Kunstfragen. Insbesondere dann, wenn sie investieren oder Kunst in ihre Geschäfts- oder Marketingstrategie integrieren wollen. Die Entwicklung von Strategien für Sammlungen und Kunstinvestments sowie innovatives Kunstmarketing sind meine Schwerpunkte. Dazu gehört, dass ich meinen Kunden dabei helfe, die für sie passenden Werke zu einem fairen Preis zu finden. Denn auch wenn es das Internet erleichtert, Kunst online anzusehen und Preise zu vergleichen, wird das Angebot zunehmend größer und unübersichtlicher. Sofern Kunst als Investment im Portfolio dienen soll, spielen bestimmte Auswahlkriterien eine Rolle, denn nur wenige Werke kommen als Geldanlage infrage. Heute werden auch NFTs immer spannender – die meisten Menschen haben aber großen Beratungsbedarf. Hier bringe ich an der Schnittstelle von Kunst und Finanzen natürlich eine große Expertise mit.


Ab welchem Anlagebetrag macht es denn Sinn, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen?


Ruth Polleit Riechert: In Deutschland legen Investoren fünf bis zehn Prozent ihres Portfolios in Kunst an; in Asien investieren die jungen Leute mit bis zu 20 Prozent weitaus mehr in diesen Markt. Es wird aktuell transparenter und liquider, Kunst als Geldanlage damit attraktiver. Mein Beratungshonorar rechne ich ähnlich wie ein Anwalt oder Consultant nach Stunden- oder Tagessätzen ab. Da ich meine Kunden nicht nur strategisch berate, sondern auch nach passenden Werken für sie suche und faire Preise verhandele, lässt sich ganz leicht nachvollziehen, ob sich meine Leistungen für den Auftraggeber lohnen. Bis zum Sommer bin ich bereits ausgebucht, aber ich arbeite an einer innovativen Lösung, um den Kunstkauf und das Kunstinvestment für alle einfacher zu machen.


Sie sagen, Corona hat den Kunstmarkt grundlegend verändert. Inwiefern?


Ruth Polleit Riechert: Corona hat die Digitalisierung des Kunstmarkts forciert. Was in anderen Branchen schon längst umgesetzt wurde, nämlich die Verlagerung vieler Geschäftsteile ins Internet, hatte zuvor keinen Anklang gefunden. Denn einige mächtige Marktteilnehmer haben von der Intransparenz stark profitiert. Damit ist jetzt Schluss. Durch Corona konnten die üblichen Events und VIP-Veranstaltungen nicht stattfinden. Die Anbieter sahen sich gezwungen, ihre Werke im Internet zu präsentieren und zu verkaufen. So wurde deutlich, dass die vorher unübliche Veröffentlichung der Preise einen starken Einfluss auf die Kaufentscheidung der Interessenten hat. Was zuvor in einer elitären Blase stattfand, wird nun für alle möglich. Der Vorhang ist gelüftet, der Zugang zum Kunstmarkt für jeden realistisch.


Was raten Sie angesichts dieser Entwicklungen den Kunden, die in Kunst investieren wollen – zum Beispiel für die eigenen Büroräume?


Ruth Polleit Riechert: Für neue Käufer habe ich die RPR ART Methode entwickelt, die dabei hilft, in sieben Schritten Kunst sinnvoll und klug zu erwerben. Zur Vorbereitung gehört es, sich zu fragen, was Sie erreichen möchten, wonach Sie suchen, welches Budget Sie einsetzen möchten, was Ihnen gefällt. Unabdingbar ist dafür, sich so viel Kunst anzuschauen wie möglich – ob vor Ort in Museen, in Büchern oder online. Sobald Sie etwas gefunden haben, das Ihnen gefällt, sind die Überprüfung der Qualität und des Preises ein wichtiger Schritt.

Wenn es um Geldanlagen geht, liegt auch bei Kunst der Gewinn im Einkauf.

Hier orientiere ich mich in meiner Methode an den Weisheiten von Investorenlegende Warren Buffett, zu dessen Prinzipien auch gehört, nur Unternehmensanteile zu kaufen, die er nicht mehr verkaufen möchte. Das trifft ebenso auf Kunstinvestments zu: Kaufen Sie nur etwas, das Ihnen gefällt!


Welche anderen Prinzipien von Warren Buffett lassen sich denn auf Kunstinvestments übertragen?


Ruth Polleit Riechert: Eine der wichtigen Fragen vor einem Kauf lautet: Ist der Wert des Bildes höher als sein Preis? Dazu müssen Sie die Marktpreise kennen und genaue Recherchen vornehmen. Im Zweifelsfall sollte hier ein Experte zu Rate gezogen werden. Was Sie selbst umsetzen können, ist die Empfehlung von Buffett: Investieren Sie in sich selbst. Lernen Sie so viel wie möglich – alles, was Sie über den Kunstmarkt wissen müssen. Dies kann Ihnen keiner nehmen und es wird Ihnen bei Kaufentscheidungen weiterhelfen.


Derzeit boomen ja NFTs – nicht mehr nur in der bildenden Kunst, sondern in vielen Bereichen. Lohnt es sich, hier zu investieren?


Ruth Polleit Riechert: NFTs (Non-Fungible-Token) sind ein historischer Meilenstein für digitale Kunst. Zuvor konnte diese einfach kopiert werden und war daher für Sammler als Anlagewert nicht interessant. Durch die Zertifizierung auf der Blockchain werden sie nun zum Unikat und leicht handelbar. Dies trifft nicht nur auf digitale, sondern auf jede Art von Kunst zu. Selbst klassische Meisterwerke können auf diese Weise tokenisiert und fraktionalisiert werden. Damit wird illiquide Kunst liquide gemacht und Anteile an teuren Werken für jeden erschwinglich. Insgesamt wird Kunst damit als Investment attraktiver. Die Rekordpreise, die im Jahr 2021 für NFTs von digitalen Werken gezahlt wurden, lassen sich damit erklären, dass es sich aus Sicht der Käufer um historische Ereignisse handelte – wie etwa Beeple’s (Mike Winkelmann) „Everydays: the First 5000 Days“, das als erstes seiner Art als NFT auf einer öffentlichen Auktion versteigert wurde – für 69 Millionen Dollar! Ob die Preise gerechtfertigt sind und sich halten werden, kann niemand sagen. Das wird der Markt zeigen. Sicher ist jedoch, dass die Technik der NFTs bleiben wird. Denn sie eröffnet unendliche Möglichkeiten für Künstler, innovative Werke zu kreieren, neue Vertriebsformen zu nutzen und damit den direkten Zugang für Käufer zu ermöglichen.


Inwiefern können Berater denn von NFTs profitieren – um das Büro zu verschönern, taugen sie ja eher nicht …


Ruth Polleit Riechert: Doch, inzwischen lassen sich NFTs auch an die Wand hängen. Mittlerweile gibt es eigene Rahmen dafür. Unabhängig davon lassen sich als NFT zertifizierte Kunstwerke auf allen Bildschirmen hochladen. In der Regel können Sie von Ihrer Wallet für NFTs problemlos digitale Werke austauschen. Ein weiterer Vorteil, der auf physische Werke nicht unbedingt zutrifft.


Alles in allem gibt es immer weniger Büros; die Menschen arbeiten vermehrt im Homeoffice. Beeinflusst das den Kunstmarkt?


Ruth Polleit Riechert: Gerade weil Menschen so viel Zeit zu Hause verbringen, haben sie während der Pandemie weiße Wände entdeckt und den Wunsch verwirklicht, ihr Zuhause zu verschönern.

Zumal es sich bei häufigen Zoom-Konferenzen gut macht, wenn ein interessantes Werk im Hintergrund zu sehen ist.

Insgesamt hat sich der Markt nach einer kurzen Coronaflaute schnell erholt. Der globale Kunstmarkt erreicht sogar neue Höhen mit einem Rekordjahr 2021: Die weltweiten Auktionsverkäufe bei Christie's, Sotheby's und Phillips betrugen im vergangenen Jahr 12,6 Milliarden US-Dollar, das sind 70,2 Prozent mehr als 2020 und 2,3 Prozent mehr als der bisherige Höchststand im Jahr 2018. Die Galerien haben trotzdem schwer zu kämpfen, wenn sie nicht rasch ihr Angebot digitalisiert und global verfügbar gemacht haben. Der Onlineverkauf macht mittlerweile mehr als ein Drittel des gesamten Umsatzes am Kunstmarkt aus. Dieser wird sich weiter konsolidieren und transformieren. Es bleibt spannend.


Veröffentlicht am: 10.02.2022: www.consulting.de

 
 

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RPR ART // Dr. Ruth Polleit Riechert // Email: contact@rpr-art.com // Phone: +49 (0)6174-955694

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